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WK 24.08.06

Weser Kurier, Dienstag, 24. August 2006, Nr. 197, Seite 4


Engagierte Lehrer, gute Ausstattung: Privatschulen registrieren starken Zulauf


Unterrichtsausfall und Pisa-Ergebnisse sind trotz finanzieller Hürden bei der Schulwahl entscheidend/Auch Waldorf- und Montessori-Schulen sind gefragt


Von unserem Mitarbeiter
Harald Schmidt


DARMSTADT. Unterrichtsausfall, mäßige Ergebnisse beim internationalen PISA-Test und unzureichende Ganztagsschulangebote: Die Entwicklung des staatlichen Schulsystems bereitet immer mehr Eltern in Deutschland Sorge – und lässt die Schülerzahlen an Privatschulen steigen. „Dieser Trend wird sich fortsetzen“, sagt Lothar Jordan, Hessens Landesvorsitzender des Bundesverbands Deutscher Privatschulen (VDP). „ Dort sind die Lehrer engagierter, und die Ausstattung ist oft komfortabler.“ Stundenausfall sei an den meisten freien Schulen ein Fremdwort. Die Zahl privater Bildungseinrichtungen in Deutschland steigt seit Jahren stetig. Nach Daten des Statistischen Bundesamtes gingen nach der jüngsten Erhebung 2004 bundesweit 622 000 Schüler auf 2686 allgemein bildende Privatschulen. 1992 waren es 445 600 Schüler auf 1991 Schulen. Zwar bekommen noch immer nur 6,5 Prozent der Kinder und Jugendlichen eine private Schulbildung, ihr Anteil ist aber seit 1992 von 4,8 Prozent gestiegen.
Nach Jordans Worten gewinnen auch auch Montessori- und Waldorfschulen an Gewicht. Norbert Handwerk, Landesgeschäftsführer der Freien Waldorfschulen in Hessen sagt: „ Immer mehr Eltern haben Angst, ihre Kinder könnten dem Druck auf dem Gymnasium nicht standhalten." In Waldorfschulen gibt es kein Sitzenbleiben, die Wahl der weiterführenden Schule nach der vierten Klasse fällt weg. „Das wirkt entlastend und stabilisierend auf die Kinder", meint Handwerk.
Der VDP ist überzeugt, dass sich mehr Eltern für Privatschulen entscheiden würden, wenn das Angebot größer wäre. Da neue Häuser aber in den ersten drei Jahren nicht bezuschusst würden, liege die Eintrittsbarriere sehr hoch. Der Geschäftsführer des VDP-Landesverbands Sachsen-Anhalt, Jürgen Banse, sagt: „Gerade für Elterninitiativen ist die Anlauffinanzierung sehr schwer, weil sie häufig kaum Sicherheiten haben und die Banken daher keine Kredite geben. "Es wäre hilfreich, wenn nach der Gründungsphase rückwirkend Zuschüsse bezahlt würden.
In einigen europäischen Nachbarländern haben Privatschulen wesentlich mehr Zulauf. Nach EU-Daten aus dem Jahr 2001/2002 gingen in Frankreich knapp ein Fünftel der Schüler auf eine staatlich geförderte Schule in freier Trägerschaft, in Großbritannien 41 Prozent und in den Niederlanden rund 70 Prozent. Der EU-Schnitt lag bei 20,1 Prozent. In Deutschland finde der Boom hingegen auf den Wartelisten statt. „Die meisten Privatschulen haben drei Mal so viele Bewerber wie freie Plätze", sagt VDP-Sprecher Martin Kunze.
Trotz der Hürden gehen immer wieder Bildungseinrichtungen an den Start. Da Fördergelder noch nicht fließen, liegen die Gebühren mit 450 Euro im Monat relativ hoch. Im Bundesdurchschnitt kostet eine Schule mit Ganztagsbetreuung laut Kunze zwischen 300 und 400 Euro. Doch sind Privatschulen nach Meinung Jordans keine Inseln der wirtschaftlichen Elite. Allerdings kritisiert der VDP, dass staatliche Zuschüsse meist zu gering ausfielen. Das Schulgeld sei deshalb nicht immer „sozialverträglich". Das widerspreche der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts